Ausschlaggebend ist die rechtzeitige Feststellung der Schwerbehinderung!
Schwerbehinderte Beamte können vorzeitig beantragen, in den Altersruhestand versetzt zu werden. Die besondere Altersgrenze ist die Vollendung des 62. Lebensjahres. Die Eintrittszeitpunkte können auch unterschiedlich sein, je nach gesetzlicher Regelung, grundsätzlich ist aber ein vorzeitiger Ruhestand wegen Schwerbehinderung möglich.
Die Schwerbehinderung wirkt sich dann positiv aus, da die Abschläge wegen vorzeitiger Zurruhesetzung nur bis zum Erreichen einer niedrigeren Altersgrenze statt der Regelaltersgrenze hinzunehmen sind.
Allerdings ist es zwingend notwendig, dass zum Zeitpunkt des Antrages auf Zurruhesetzung die Schwerbehinderteneigenschaft durch einen rechtsförmlichen Bescheid der Versorgungsbehörde (Versorgungsamt beim Landratsamt/Landkreis) festgestellt worden ist.
Wenn der Beamte beantragt, aus einem anderen Grund in Ruhestand versetzt zu werden, so kann er nicht nachträglich beanspruchen, dass die Schwerbehinderung ja später festgestellt wurde, gegebenenfalls mit einer Rückwirkung auf einen Zeitpunkt sogar vor Beantragung des Ruhestandes.
Denn zum Zeitpunkt des Antrages müssen alle Voraussetzungen für die gewählte Art des Ruhestandes vorliegen. Sie könne nicht nachträglich erfüllt werden!
Bitte achten Sie daher darauf, dass Anträge auf Feststellung der Schwerbehinderung mit einem erheblichen zeitlichen Vorlauf gestellt werden sollten. Die Ermittlungen bei Ärzten und die Prüfung durch Versorgungsmediziners und die Entscheidung durch die zuständigen Stellen, gegebenenfalls in Baden-Württemberg durch das Regierungspräsidium Stuttgart im Widerspruchsverfahren, können zeitlich sehr lange andauern. Für ein Antragsverfahren muss man inzwischen acht, eher noch zwölf Monate rechnen. Für ein Widerspruchsverfahren können auch 6-8 Monate veranschlagt werden.
Wenn man ein Klageverfahren einleiten muss, dass sich wie so oft die Versorgungsämter hartnäckig zeigen und erst einmal niedrigere Werte wie 30 oder 40 statt 50 feststellen, so kann mit einer Gesamtlaufzeit von zwei, manchmal sogar drei Jahren gerechnet werden.
Daher ist es auch für Beamte wichtig, deutlich vor dem möglichen vorzeitigen Ruhestand wegen Schwerbehinderung Klarheit über die Schwerbehinderteneigenschaft zu bekommen.
Der Beamte hat schlichtweg Pech gehabt, wenn die Versorgungsbehörde erst später feststellt, dass Schwerbehinderung schon längst bestanden hat und die früheren ablehnenden Bescheide rechtswidrig waren. Ob sich hieraus gegebenenfalls ein Amtshaftungsanspruch ergibt, ist eine andere Frage.
Jedenfalls kann der Beamte später nicht mehr geltend machen, dass die Schwerbehinderung nachträglich festgestellt wurde. Hierauf verweisen zwei Urteile des Bundesverwaltungsgerichts, Urteil vom 25. Oktober 2007, Az. 2 C 22.06 und Urteil vom 30. April 2014, Az. 2 C 65.11
Meist lohnt es sich, einen Anwalt schon frühzeitig, auch schon bei der Antragstellung, einzuschalten, dies erhöht inzwischen erfahrungsgemäß deutlich die Chancen auf eine zeitnahe Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft. Die Anträge können dann besonders gut vorbereitet werden, damit man nicht sinnlos von vornherein erfolglose Anträge gestellt und das Verfahren dadurch erheblich verzögert. Den meisten sollten vor Antragstellung noch einige Arztbesuche, Therapiesitzungen und Behandlungsversuche durchgeführt werden, damit eine besonders gute Dokumentation vorliegt. Dann kann der Rechtsanwalt auch besser vortragen und die Funktionsbeeinträchtigungen im Alltag besser beschreiben und beweisen.
Sascha Pfingsttag, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Sozialrecht, Medizinrecht und Verwaltungsrecht
August 2023